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(c) 1997-1999
Becker & Becker
Rechtsanwälte
Uferstraße 8
99817 Eisenach
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Briefwechsel
mit der Redaktion "Report"
wegen der Sendung vom 15.11.1999
"Diskussion um ein schärferes Waffenrecht"

Schreiben vom 17.11.1999


Bayrischer Rundfunk
- Redaktion Report,
Frau Wrba, Herrn Bönte -
Rundfunkplatz 1

80335 München



Ihre Report - Sendung vom 15.11.1999
"Diskussion um ein schärferes Waffengesetz"

Sehr geehrte Frau Wrba,
Sehr geehrter Herr Bönte,

ich bin in letzter Zeit beunruhigt über die Berichterstattung in den Medien infolge der Ereignisse in Bad Reichenhall. Ich verhehle nicht, daß diese Vorgänge tragisch und schrecklich sind. Dies sollte aber nicht den Blick auf die Realität verstellen. Ich kann mich auch nach dem Anschauen Ihrer Sendung in "Report" vom 15.11.1999 nicht des Eindrucks einer gewissen Verkennung der Realitäten erwehren.

Den ganz offensichtlichen Lücken bei der Ermittlung purer Fakten um das Thema Waffen in privater Hand in Deutschland möchte ich abhelfen und einige Tatsachen aufzeigen, die allesamt anhand allgemein zugänglichen amtlichen Statistikmaterials nachprüfbar sind.

1. Die allgemeine Kriminalität nimmt dauernd zu. Derzeit werden im Jahr in Deutschland circa 960.000 Straftäter abgeurteilt. 1993 waren es noch 933.000 (Zahlen des stat. Bundesamtes).

2. Die Kriminalität mit Schusswaffen nimmt laufend ab. Die verfügbaren Zahlen des BKA (1993 bis 1997) zeigen dies:

Jahr 1993 1994 1995 1996 1997
Verurteilte Straftäter insges. 1 931.051 936.459 937.385 944.324 960.334
Straftaten m Schußwaffen 2 2.541 2.354 2.443 2.447 2.251
davon legale Waffen 3

-

162 131 109 109
davon illegale Waffen 4

-

1.069 1.141 1.052 991
davon erlaubnisfreie Waffen 5

-

1.382 1.452 1.515 1.300
davon Waffen ungekl. Herkunft 6

-

114 92 81 99
 

 

3. Der Anteil der Delikte, an denen Schußwaffen in irgend einer Form beteiligt waren, ist im Vergleich zur Gesamtkriminalität verschwindend gering. Im Jahr 1997 wurden circa 2.250 Strafverfahren durchgeführt, bei denen es zur Beschlagnahme einer Schußwaffe kam, erlaubnisfreie Schußwaffen inclusive.

4. Die Beteiligung erlaubnispflichtiger, legaler Schußwaffen liegt mit 109 Stück auf sehr niedrigem Niveau, denn dies sind 4,5 % der Schusswaffendelikte und 0,000115 % aller Delikte.

5. In Deutschland gibt es etwa 10.000.000 erlaubnispflichtige Schußwaffen in legalem Besitz

6. In Deutschland gibt es etwa 20.000.000 erlaubnispflichtige Schußwaffen in illegalem Besitz (Schätzung der Gewerkschaft der Polizei)

Ihrem Bericht könnte der ahnungslose und mit dem Thema privater Waffenbesitz nicht vertraute Zuschauer den Eindruck entnehmen, als stelle der legale, private Besitz von Schußwaffen in Deutschland eine immer größer werdende Bedrohung dar. Dies ist jedoch nicht der Fall. Die Kriminalität mit Schußwaffen (also unter Verwendung von Schußwaffen) hat in den vergangenen Jahren kontinuierlich abgenommen. Dies ist, wie bereits eingangs aufgezeit, den Berichten über Waffen- und Sprengstoffkriminalität des Bundeskriminalamts zu entnehmen. Diese liegen mir für die Jahre 1993 bis 1997 vor. Neuere Zahlen sind derzeit nicht verfügbar, aber es spricht nichts dafür, daß sich an dem seit fünf Jahren erkennbaren Trend nach unten etwas geändert haben sollte.

Etwas anderes gilt allerdings für die in illegalem Besitz befindlichen Waffen, die 2/3 des Bestandes der in "Privatbesitz" befindlichen Waffen in Deutschland ausmachen, wobei die Zahl der in illegalem Besitz befindlichen Waffen in Deutschland auf einer Schätzung der in Ihrer Sendung zu Wort gekommenen Gewerkschaft der Polizei stammt. Die Zahl der illegalen Schußwaffen in Deutschland nimmt laufend zu und würde dies auch nach einer Änderung des Waffengesetzes tun, da jenes nur die Sportschützen, Jäger und Sammler treffen würde. Mit den in illegalem Besitz befindlichen Waffen werden 95,5 % aller mit Waffen begangenen Straftaten verübt und einen Aufschrei der Empörung ähnlich dem, der jetzt hinsichtlich des bestehenden Waffenrechts gelegentlich zu hören ist, vermisse ich empfindlich bei der Vielzahl an mit Schußwaffen begangenen Delikten, deren Herkunft und Besitz illegal sind. Dies nimmt nicht weiter Wunder, weil eine Änderung des Waffengesetzes, ja sogar ein völliges Waffenverbot an der Kriminalität mit Waffen in Deutschland buchstäblich nichts ändern würde.

Der entscheidende und graviendeste Mangel Ihrer Sendung besteht also darin, daß Sie keinerlei Unterscheidung zwischen dem legalen und dem illegalen Waffenbesitz machen, wiewohl beide Phänomene - ich möchte sie einmal als Personengruppen bezeichnen - die oben beschriebenen, signifikanten Unterschied in Ihrem Verhalten, ihrer kriminologischen Auffälligkeit und dem Gefahrenpotential aufweisen. Von den erwähnten Waffen, die sich in bayrischen Asservatenkammern sammeln, ist der allergeringste Teil - das Zahlenverhältnis dürfte dem Bundestrend entsprechend bei etwa 4,5 % liegen - aus legalem Besitz (also von Sportschützen, Jägern und Sammlern) stammen.

Sie stellen in Ihrer Sendung auch die Behauptung auf, "jetzt" bewege sich auch das Bundesministerium des Inneren und erwäge eine Waffenrechtsnovelle, ganz so, als ob dies durch die Bluttat von Bad Reichenhall geschehen sei. Dabei wird eine Novellierung des Waffenrechts bereits seit Mitte der siebziger Jahre erwogen. In den zuständigen Ministerien sind seit dieser Zeit mehrere Entwürfe für eine Novellierung er- und bearbeitet worden und zu den Erklärungen der Rot-Grünen Koalition bei Regierungsantritt war von einer Novelle des Waffenrechts im Zusammenhang mit der inneren Sicherheit die Rede. Die gesetzgeberischen Aktivitäten um das Waffenrecht sind also - unabhängig von tagesaktuellen Ereignissen - seit Jahrzehnten mit wechselnder Intensität vorhanden, nehmen aber bei der inneren Sicherheit (zu recht) einen solch geringen Stellenwert ein, daß es wohl auch aus diesem Grund bisher zu keiner Änderung gekommen ist. Ihre Darstellung ist an diesem Punkt also sachlich falsch, während sie hinsichtlichd des Gefahrenpotentials durch den privaten Waffenbesitz nur unvollständig und dadurch irreführend ist.

Welcher Handlungsbedarf besteht daher ?

Sicher nicht der von Ihnen behauptete. Angesichts der Tatsache, daß vom legalen Waffenbsitz in Deutschland keine bedeutende Gefahr ausgeht (sie ist im Verhältnis zu Drogen - bis zu einige Hundert Todesfälle in Deutschland pro Jahr, Alkohol - bis zu 50.000 Todesfälle in Deutschland pro Jahr, Individualverkehr - etwa 8.000 Tote im Jahr, 250.000 Schwerverletzte im Jahr, davon 1/2 Kinder, davon 1/2 durch Alkoholkonsum mitverursacht, nachgerade vernachlässigbar) kommt allenfalls eine formale Vereinfachung des Waffenrechts in Betracht. Ich könnte Ihnen beipflichten, wenn gefordert würde, daß die Aufbewahrungsregelungen klar und eindeutig gefaßt werden. Daß es aber einen Unterschied ausmacht, ob der Vater des jugendlichen Täters aus Bad Reichenhall 19 Waffen oder nur deren drei in seinem Besitz hatte, kann ich nicht recht nachvollziehen.

Ich würde mir wünschen, daß Sie bei künftigen Berichten über das Thema "Waffen in Privatbesitz" die obenstehenden Fakten einmal nennen und gegebenenfalls die Courage zu der Feststellung aufbringen, daß der legale Waffenbesitz in Deutschland keine Bedrohung für die Sicherheit darstellt. Wie kann es kommen, daß Sie einen nicht nur einseitigen, sondern auch handwerklich durchsichtig oder schlecht erscheinenden Bericht fertigen und zur Ausstrahlung bringen ? Wenn Sie diesen noch mit der Bemerkung des Moderators abschließen, jener könne nicht verstehen, was "diese Waffen" (gemeint waren zwei zur "dramaturgischen Anreicherung" im Studio vorhandene Gewehre) mit Sport zu tun hätten, macht dies deutlich, daß Ihnen der Schießsport unsymphatisch sein mag, daß er Sie möglicherweise beängstigt. Jedoch meine ich, daß Sie auch sich auch dann zu Objektivität durchringen sollten, sie sich nötigenfalls gegen eigene Vorbehalte und Bedenken erkämpfen sollten, wenn Sie sich des Themas "Waffenrecht" wieder einmal annehmen. Der Ruf nach Verboten hilft in diesem Fall nicht.


Mit freundlichen Grüßen


Reinhard Becker
Rechtsanwalt

 

 

Schreiben vom 18.11.1999



Bayrischer Rundfunk
- Redaktion Report,
Frau Wrba, Herrn Bönte -
Rundfunkplatz 1

80335 München



Ihre Report - Sendung vom 15.11.1999
"Diskussion um ein schärferes Waffengesetz"
hier: Mein Schreiben vom 17.11.1999

Sehr geehrte Frau Wrba,
Sehr geehrter Herr Bönte,

ich möchte im Nachgang zu meinem oben angegebenen Schreiben noch etwas hinsichtlich des verwendeten statistischen Materials nachtragen.

1. Die Zahlenreihe "Verurteilte Straftäter" gibt die Zahl der wegen Begehung von Straftaten abgeurteilten beziehungsweise verurteilten Personen im Zeitraum von 1993 bis 1997 wieder, wie sie in der vom Statistischen Bundesamt herausgegebenen Statistik Fachserie 10, Reihe 3 (Rechtspflege/Strafverfolgung), Ausgabe 1997, Tabelle 1.1 "Abgeurteilte und Verurteilte 1976-1997" veröffentlicht worden sind.

2. Die Zahlenreihe "Straftaten mit Schußwaffen" gibt die Zahlen sichergestellter Schußwaffen wieder, mit denen Straftaten nach dem StGB verübt wurden. Gleiches gilt für die Aufschlüsselung nach illegal besessenen, legal besessenen und erwerbsscheinfreien Waffen sowie Waffen ungeklärter Herkunft. Die Zahlen sind den Waffen- und Sprengstoff Jahresberichten des Bundeskriminalamts der Jahre 1994, 1995, 1996 und 1997 entnommen.

Um den statistischen Überblick zu vervollständigen, möchte ich Ihnen nachfolgend noch diejenigen Zahlen vorlegen, die in der ebenfalls vom Bundeskriminalamt herausgegebenen "Polizeilichen Kriminalstatistik" (BKA-PKS) zu den "erfaßten Straftaten" veröffentlicht worden sind. Diese Zahlenwerke sind

"... eine Zusammenstellung aller der Polizei bekanntgewordenen strafrechtlichen Sachverhalte ...",

mithin also die Wiedergabe von Strafanzeigen und nachfolgenden Ermittlungen. Im Unterschied zu den "Waffen-und Sprengstoffberichten" des Bundeskriminalamts geben sie also Taten ohne Rücksicht auf die Frage wieder, ob der Täter ermittelt und einen Strafverfahren zugeführt werden konnte. Vielmehr handelt es sich - untechnisch gesagt - um eine "Sammlung aller Anzeigen". Die darin enthaltenen Zahlenangaben der Jahre 1994 bis 1998 über die gesamte Kriminalität und diejenigen Taten bei denen Schußwaffen zum Drohen oder zum Schuß verwendet worden sind, stellt sich wie folgt dar:

Jahr

1994

1995

1996

1997

1998

erfaßte Straftaten

6.537.748 _

6.668.717 _

6.647.598 _

6.586.165 _

6.456.996 _

davon mit Schußwaffen

19.698 _

21.018 _

21.950 _

21.729 _

19.858 _

Schußwaffentaten in %

0,0030 %

0,0032 %

0,0033 %

0,0033 %

0,0030 %



Es liegt auf der Hand, daß die Zahl angezeigter Straftaten andere Größenordnungen einnimmt, als diejenige der abgeurteilten Personen und sichergestellten Waffen. Aber auch die vorstehenden Zahlenreihen zeigen die geringe Beteiligung der Schußwaffenverwendung bei der Gesamtkriminalität. Dieser Anteil weist außerdem keine größeren Veränderungen in den Jahren von 1994 bis 1998 auf. Der Anteil der angezeigten Delikte mit Schußwaffen ist im Zeitraum 1998 gegenüber dem Berichtszeitraum 1997 sogar gesunken.

Im Unterschied zu den Zahlenreihen in den "Waffen- und Sprengstoff-Jahresberichten" des Bundeskriminalamts sind die Besitzverhältnisse der Waffen (legal / illegal / erlaubnisfrei) in der Polizeilichen Kriminalstatistik des Bundeskriminalamtes (BKA-PKS) nicht aufgeschlüsselt. Dies ist deshalb nicht möglich, weil in die BKA-PKS viele Taten einfließen, deren Ermittlungserkenntnisse sich beispielsweise auf die Videoaufzeichnung eines Bankräubers beschränken, der einen pistolen-ähnlichen Gegenstand zum Drohen verwendet hat, bei dem aber mangels Sicherstellung der Waffe über deren technische und rechtliche Eigenheiten nichts bekannt ist.

Die Aufschlüsselung in den "Waffen- und Sprengstoff-Jahresberichten" des BKA dürften einen repräsentativen Querschnitt darstellen, der den Schluß zuläßt, daß die legal besessenen Waffen an etwa 4,5 % der Delikte mit Schußwaffen und an nur etwa 0,000115 % aller Straftaten beteiligt sind.

Ich möchte Sie deshalb abschließend noch einmal auffordern, sich der folgenden Fakten bei künftiger Berichterstattung über Kriminalität mit Waffen und legalen Waffenbesitz inne zu sein:

1. Die Kriminalität mit Waffen ist in Deutschland keineswegs eine ansteigende Bedrohung. Eher sind rückläufige Tendenzen festzustellen,

2. die ganz überwiegende Zahl (95,5 %) der Straftaten mit Waffenverwendung werden mit illegal besessenen Waffen verübt,

3. die illegal besessenen, von der Wirkung des Waffengesetzes nicht erfaßten Schußwaffen machen in dem in Deutschland vorhandenen Bestand etwa 2/3 aus.

Wenn Sie dies schafften und in der Öffentlichkeit einmal eingestehen würden, daß der legale Waffenbesitz in unserem Lande - entgegen manchen griffigen aber oberflächlichen Behauptungen - keine Gefahr für die innere Sicherheit darstellt, könnte ich erkennen, daß Sie diejenige Objektivität und Unabhängigkeit zurückgewonnen haben, die ich in der Vergangenheit sehr an Ihnen geschätzt habe.


Mit freundlichen Grüßen

Reinhard Becker
Rechtsanwalt

Bayrischer Rundfunk                 		Report aus München
                                    					Floriansmühlstraße 60
                                    					80939 München



An Herrn Becker
Von Katrin Wrba
Datum 19.011.1999


Sehr geehrter Herr Becker,

vielen herzlichen Dank für Ihre Anmerkungen zu dem Beitrag 
"Diskussion um das neue Waffenrecht". Uns sind die von Ihnen 
gelieferten Daten natürlich bekannt, wir sind uns auch darüber 
im Klaren, dass die grössere Gefahr von illegalen Schusswaffen 
ausgeht. Diese Fakten haben wir aber bewusst bei Seite gelassen 
und uns rein auf die Frage "wie erhält eine Privatperson 19 
Waffen, die nicht typisch für Schützenvereine sind" 
konzentriert. Unser Ziel war, aufzuzeigen, wie die Kontrolle 
bei der Vergabe von Waffen vorgenommen wird. Wir haben zu 
keinem Zeitpunkt behauptet, dass die Straftaten mit legalen 
Schusswaffen steigen würden.


Vielen herzlichen Dank
Mit freundlichen Grüssen


Katrin Wrba


Schreiben vom 24.11.1999

Bayrischer Rundfunk
- Report aus München,
Frau Katrin Wrba -
Floriansmühle 60

80939 München

"Diskussion um das neue Waffenrecht"
hier: Ihr Schreiben vom 19.11.1999                                                                     24.11.1999

Sehr geehrte Frau Wrba,

ich möchte Ihnen zunächst dafür danken, daß Sie sich die Zeit genommen haben, auf meine Schreiben in der vorstehenden Sache zu antworten. Mir ist klar, daß Ihre Aufgabe nicht in dem Führen endloser Korrespondenz bestehen kann. Gestatten Sie dennoch diese Replik.

Sicher: Sie haben nicht expressis verbis behauptet, die Kriminalität mit legalen Schusswaffen sei eine Bedrohung oder nehme gar zu. Sie haben aber den Eindruck erweckt, als sei es an dem.

Schlimmer noch:

Sie haben Zahlen- und Bildmaterial verwendet, in welchem es zu schätzungsweise 95 % um "illegale Waffen" ging, indem Sie die Asservatenkammer des bayrischen Landeskriminalamts zeigten und Zahlen beschlagnahmter Waffen nannen. Anschließend rekurrierten Sie wieder auf das Waffengesetz, welches die vormaligen Besitzer der überwiegenden Zahl der beschlagnahmten Waffen weder interessiert hat, noch die weiteren etwa 20.000.000 Besitzer illegaler Waffen je interessieren wird. Was ich Ihnen also vorwerfe, ist die Dramatisierung eines diffizilen Themas mit Material, welches mit dem Thema nichts zu tun hat.

Wenn es ihnen tatsächlich nur darum gegangen sein sollte, aufzuzeigen, wie die Kontrolle bei der Vergabe von Waffen vorgenommen wird und in welcher Weise und warum die Kontrolle in dem aktuellen Einzelfall versagt haben könnte, so bliebe nur zu konstatieren, daß Ihnen das nicht gelungen ist:

1. Ich weiß nach dem Anschauen Ihrer Sendung weder, welche Waffen der Vater des Todesschützen hatte, noch, wie und warum er sie bekommen hat oder warum er sie nicht hätte bekommen dürfen.

2. Ebenfalls undeutlich geblieben ist demzufolge die mir jetzt mitgeteilte Fragestellung "wie erhält eine Privatperson ... Waffen, die nicht typisch für Schützenvereine sind...". Waren denn die Waffen, die der Vater des Täters hatte, nicht typisch für Schützenvereine ? In Ihrer Sendung ist davon nicht die Rede gewesen, von der Verständnislosigkeit dokumentierenden Frage Herrn Böntes am Schluß des Beitrags einmal abgesehen.

2. Ich weiß nach dem Anschauen Ihrer Sendung nicht, ob der Vater des Täters aktiver Sportschütze ist, oder nicht, weil sie nur die Stellungnahmen dreier seiner Vereine mitteilten, sich hinsichtlich der beiden verbleibenden Vereine aber jeder Äußerung enthalten haben.

Sehr geehrte Frau Wrba, Ihre Ausführungen sind nicht recht glaubhaft. Wenn es Ihnen um den Einzelfall gegangen wäre, würde der Beitrag an dem Mangel leiden, daß er unvollständig und damit mangelhaft ausrecherchiert ist, daß er sogar teilweise (im Zusammenhang mit Gesetzgebungsbestrebungen) definiv falsche Behauptungen enthält und letzten Endes von diesem nur zkizzenhaft und verzerrend angerissenen Bild auf die allgemeine und gegenwärtige Situation in Deutschland rückgefolgert wird. Sie haben in der Sendung gar die Behauptung aufgestellt, "dramatische Gesetzeslücken" aufgedeckt zu haben, was ich nach meiner Kenntnis der Materie als Strafverteidiger und aufgrund des Ihnen und mir bekannten Zahlenmaterials nachgerade in das Reich der Fabel verweisen muß.

Wenn es Ihnen dagegen um die Frage ging, ob das geltende öffentliche Waffenrecht den Anforderungen an die Gewährung der öffentlichen Sicherheit genüge tut, oder verschärft werden sollte, so bleibt meine Vorhaltung, daß sie über die bestehende Sicherheitslage nicht informiert haben (sie räumen in diesem Zusammenhang sogar das vorsätzliche "Beiseitelassen" von Fakten ein), sondern daß Sie einen tragischen und schrecklichen Einzelfall dramaturgisch "ausgeweidet" haben, um einer Verschärfung des Waffenrechts das Wort zu reden.

Die Medien haben einen bedeutenden Einfluß auf die öffentliche Meinungsbildung. Mit dieser Machtpsoition geht nach meinem Verständnis die Verpflichtung einher, mit den behandelten Themen behutsam und verantwortungsvoll umzugehen. Nach meinem Eindruck ist das im vorliegenden Fall nicht geschehen. Auch Ihre Stellungnahme vom 19.11. war nicht sonderlich geeignet, meine diesbezüglichen Bedenken zu zerstreuen. Mich wundert gar die Freimütigkeit, mit der sie eingestehen, "Fakten bewusst bei Seite gelassen" zu haben. Es handelt sich bei den beiseite gelassenen Fakten namentlich um gerade diejenigen Tatsachen, die geeignet gewesen wären, die (zumindest in der veröffentlichten Meinung) zu erkennende Aufgeregtheit zu dämpfen. Die von Ihnen "beiseite gelassenen" Fakten sind gerade diejenigen, die der nüchternen und sachlichen Behandlung des gesamten Themenbereiches förderlich gewesen wären. Es sind diejenigen Fakten beiseite gelassen worden, bei deren verständiger Würdigung man zu der Folgrung kommen kann (und meines Erachtens muß), daß eine Verschärfung des Waffenrechts nicht notwendig und nicht angezeigt ist.

Wie ich die Sache also drehe und wende: Es bleibt immer der Eindruck gravierender Unzulänglichkeit und einer letzten Endes irreführenden Berichterstattung. Es bleibt der Eindruck der Voreingenommenheit, unter deren Zeichen und Signatur der gesamte Beitrag steht.

Daher rührt meine Beunruhigung.

Ohne Anspruch auf weitere Bearbeitung meiner zugegebenermaßen recht massiven Kritik räume ich dennoch ein, daß ich an der Beantwortung folgender Fragen sehr interessiert wäre:

1. Welche Waffen hatte der Vater des Täters von Bad Reichenhall in Besitz, und welche davon sind aus welchem Grund "nicht typisch für Schützenvereine",

2. Haben Sie die beiden in Ihrer Sendung nicht erwähnten, verbleibenden Schützenvereine des Vaters festgestellt, und festgestellt, daß der Vater des Täters auch dort seit Jahren nicht mehr anwesend war,

3. ist Ihnen der Gesetzesentwurf, von dem der Bayrische Innenminister in Ihrem Beitrag sprach, inhaltlich - wenigstens in groben Zügen - bekannt ?


In der Hoffnung auf eine weitere Rückantwort verbleibt

mit freundlichen Grüßen



R. Becker
Rechtsanwalt