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(c) 1997-1999
Becker & Becker
Rechtsanwälte
Uferstraße 8
99817 Eisenach
03691-216418

Briefwechsel
mit der Redaktion "Der Spiegel"
wegen eines Artikels in der Zeitschrift
"Reporter"

In der Zeitschrift "Der Spiegel - Reporter", Ausgabe Dezember 1999 ist die nachfolgende, kleine Statistik veröffentlicht worden. Folgt man ihren Zahlen, so werden 117 % aller Tötungsdelikte in Deutschland mit Schusswaffen begangen. Diese absurde Ergebnis ist natürlich ebenso falsch, wie die Statistik selbst. So arbeitet gelegentlich die Presse:

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Dies ist Anlaß genug, sich die Redaktion zu wenden:

Schreiben vom 02.12.1999

Redaktion Der Spiegel
- Spiegel – Reporter -
Brandstwiete 19
20457 Hamburg
 

Artikel im Spiegel-Reporter "Peng, Du bist tot - Ein Planet, fünf Antworten"

Sehr geehrte Damen und Herren,

Ich haben zu Ihrem Artikel im Spiegel-Reporter "Peng, Du bist tot - Ein Planet, fünf Antworten" eine sechste Antwort:

1. Ihr Zahlenmaterial ist falsch
Bitte prüfen Sie einmal Ihre Zahlenangaben. Ausweislich dieser Angaben sollen in Deutschland nämlich

1,6 Personen

pro 100.000 Einwohner durch Schußwaffengewalt ums Leben gebracht werden. Ich nehme an, daß es sich dabei um Jahreszahlen handeln soll. Rechne ich die Zahl 1,6 pro 100.000 auf eine Bevölkerung von 85 Millionen Menschen hoch,so müßten in Deutschland jährlich

1,6 x 850 = 1.360 Personen/Fälle

durch Schusswaffen ums Leben kommen. Die Zahl der vollendeten Mord- und Totschlagsdelikte erreicht diese Zahl aber überhaupt nicht. In Deutschland sind beispielsweise (die Zahlen beziehen sich auf 1997) 3.288 Fälle von Mord und Totschlag einschließlich Versuche registriert worden. Hiervon waren 2.130 Taten Versuche. Demzufolge ist in Deutschland 1997 eine Anzahl von 1.158 Personen überhaupt durch Mord und Totschlag zu Tode gebracht worden. Die Zahlen sind der polizeilichen Kriminalstatistik des Bundeskriminalamts ("PKS 1997") für das Jahr 1997 entnommen. Die Auflage für 1998 liegt mir noch nicht vor, es ist aber anzunehmen, daß das Ergebnis noch abwegiger wäre, da die Gewaltkriminalität sinkt.

Folge ich Ihren Zahlen, müßten 117 % aller Tötungsdelikte, die in Deutschland überhaupt begangen worden sind, mit Schußwaffen begangen worden sein. Ihr Artikel ist somit bei aller gebotenen Zurückhaltung nur als absurd zu bezeichnen.

Da bei der Verwendung und Auswertung kriminalstatistischen Materials gewisse Lücken in Ihrem Hause zu bestehen scheinen, weise ich darauf hin, daß die PKS 1997 einen Anteil der Schußwaffenverwendung bei allen Mord- und Totschlagsdelikten einschließlich der versuchten Delikte von 16,0 % ausweist (PKS 1997 Seite 53). 16 % von 1.158 sind 185,28. Zurückgerechnet auf 100.000 Einwohner wäre in Ihrer Zahlenreihe für Deutschland also 185,28 : 850 =

0,218 Personen und nicht 1,6, wie bei Ihnen angegeben.

Tatsächlich hat die Zahl der mit Schußwaffen Getöteten in Deutschland im Jahre 1997 bei 87 Personen gelegen. Dies macht, auf 100.000 Personen umgerechnet, einen Anteil von

0,1 Personen

aus.

2. Ihre Zahlen sind nicht aussagekräftig ("wo ist die Schweiz ?")

Ihr Artikel könnte glauben machen, daß eine direkte Korrelation zwischen der Verfügbarkeit von Schußwaffen und der Schußwaffenkriminalität besteht. Um dies zu glaubhaft zu machen, haben Sie in Ihrer Zahlenreihe diejenigen Länder herausgesucht, die Sie möglicherweise für geeignet halten, eine solche Aussage zu untermauern. Wie verläßlich und wie aussagekräftig ist aber eine Statistik, in der zwar Japan auftaucht, die uns sowohl geographisch wie kulturell viel verwandteren Staaten Schweiz oder Österreich ausläßt ?

Wie aussagekräftig ist schließlich eine Statistik, die Tötungsdelikte mit Schußwaffen aufführt, nach einem Schusswaffenverbot an deren Stelle tretende Kompensationsdelikte mit anderen Werkzeugen (Messer, Beil) jedoch nicht erwähnt. Wie ist beispielsweise die Zahl der Tötungsdelikte in den von Ihnen erwähnten Staaten, wenn man einmal sämtliche möglichen Begehungsformen (erschlagen, erwürgen, erstechen pp) einbezieht ?

 

3. Wie verbietet man illegale Waffen ?

Ich habe es zunächst bemerkenswert gefunden, daß Sie die "waffenfreie Zivilgesellschaft" Kuba ins Feld führten. Immerhin haben Sie die Peinlichkeit vermieden, etwa amtliches statistisches Material des kubanischen Regimes zu zitieren. Es ist nämlich kaum anzunehmen, daß diejenigen Tötungsdelikte mit Schußwaffen, die es in Kuba bis zum heutigen Tage – teils mit "staatlicher Billigung" – gegeben hat, in einer solchen Statistik auftauchen würden.

Eine weitere, für ein Land wie das zentral mit einer Vielzahl von Staatsgrenzen umgebene Deutschland bedeutende Frage ist die Umsetzbarkeit und damit der Wirksamkeit waffenrechtlicher Regelungen. England ist eine Insel, Japans Außengrenzen bestehen ebenfalls in einer Küste, für Kuba gilt das gleiche. Kuba stehen zudem die Überwachungs- und Zugriffsmöglichkeiten einer festgefügten Diktatur zu Gebote.

Wie ist es aber mit Deutschland ?

Deutschland liegt in der Mitte Europas und ist dort "das Land mit den meisten Nachbarn". Die Grenzen zu einer Vielzahl dieser Nachbarn sind offen oder zumindest passierbar. Das illegale Einschleusen von Gegenständen und Menschen ist somit nicht zu verhindern, sondern durch die Aufrechterhaltung eines den rechtsstaatlichen Grenzen unterliegenden Verfolgungsdrucks in gewissen Grenzen zu halten. Das Ein- und Ausschmuggeln kleiner Gegenstände, die vereinzelt transportiert werden, wäre auch bei massivem Verfolgungsdruck nicht unter Kontrolle zu bekommen, wie man an den bereits eine Generation währenden, vergeblichen Bemühungen feststellen mag, etwa den Transport und Umschlag von Betäubungsmitteln zu unterbinden. Die theoretische Alternative, nämlich die radikale Schließung sämtlicher Außengrenzen der Bundesrepublik Deutschland, ist indiskutabel.

In Deutschland macht infolgedessen der illegale Besitz an Schußwaffen 2/3 des Bestandes der in "Privatbesitz" befindlichen Schußwaffen aus. Die Zahl der illegalen Schußwaffen in Deutschland nimmt laufend zu und würde dies auch nach einer Änderung des Waffengesetzes tun, da jenes nur die Sportschützen, Jäger und Sammler treffen würde. Die illegalen Schußwaffen in Deutschland werden von der Gewerkschaft der Polizei auf 20.000.000 Stück geschätzt. Die Zahl der legalen erlaubnispflichtigen Schußwaffen liegt bei 10.000.000.

Mit anderen Worten: Selbst ein vollständiges Privatwaffenverbot würde an der potentiellen Bedrohung durch Schusswaffen-Kriminalität (mag man die Bedrohung als groß oder nachrangig empfinden) nichts ändern, von verfassungsrechtlichen Zulässigkeitsfragen bei einem solchen Verbot einmal abgesehen.

4. Zum Schluß: Wie sind die legalen Waffen überhaupt an der Kriminalität beteiligt ?

In einem Wort: Minimal.

Mit den in illegalem Besitz befindlichen Waffen werden 95,5 % aller mit Waffen begangenen Straftaten verübt und einen Ruf nach Verschärfung des Waffenrechts ähnlich dem, der jetzt gelegentlich aus Ihrer Richtung zu hören ist, vermisse ich empfindlich bei der Vielzahl an mit Schußwaffen begangenen Delikten, deren Herkunft und Besitz illegal sind.

Die verfügbaren Zahlen des BKA (1993 bis 1997) zeigen dies:

Jahr

1993

1994

1995

1996

1997

Verurteilte Straftäter insges. 1

931.051

936.459

937.385

944.324

960.334

Straftaten m Schußwaffen 2

2.541

2.354

2.443

2.447

2.251

davon legale Waffen 3

-

162

131

109

109

davon illegale Waffen 4

-

1.069

1.141

1.052

991

davon erlaubnisfreie Waffen 5

-

1.382

1.452

1.515

1.300

davon Waffen ungekl. Herkunft 6

-

114

92

81

99

3. Der Anteil der Delikte, an denen Schußwaffen in irgend einer Form beteiligt waren, ist im Vergleich zur Gesamtkriminalität verschwindend gering. Im Jahr 1997 wurden circa 2.250 Strafverfahren durchgeführt, bei denen es zur Beschlagnahme einer Schußwaffe kam, erlaubnisfreie Schußwaffen inclusive.

4. Die Beteiligung erlaubnispflichtiger, legaler Schußwaffen liegt mit 109 Stück auf sehr niedrigem Niveau, denn dies sind 4,5 % der Schusswaffendelikte und 0,000115 % aller Delikte.

Zu den Quellen der vorstehenden Zahlenreihen:

A. Die Zahlenreihe "Verurteilte Straftäter" gibt die Zahl der wegen Begehung von Straftaten abgeurteilten beziehungsweise verurteilten Personen im Zeitraum von 1993 bis 1997 wieder, wie sie in der vom Statistischen Bundesamt herausgegebenen Statistik Fachserie 10, Reihe 3 (Rechtspflege/Strafverfolgung), Ausgabe 1997, Tabelle 1.1 "Abgeurteilte und Verurteilte 1976-1997" veröffentlicht worden sind.

B. Die Zahlenreihe "Straftaten mit Schußwaffen" gibt die Zahlen sichergestellter Schußwaffen wieder, mit denen Straftaten nach dem StGB verübt wurden. Gleiches gilt für die Aufschlüsselung nach illegal besessenen, legal besessenen und erwerbsscheinfreien Waffen sowie Waffen ungeklärter Herkunft. Die Zahlen sind den Waffen- und Sprengstoff Jahresberichten des Bundeskriminalamts der Jahre 1994, 1995, 1996 und 1997 entnommen.

Um den statistischen Überblick zu vervollständigen, möchte ich Ihnen nachfolgend noch diejenigen Zahlen vorlegen, die in der oben bereits erwähnten PKS 1997 zu den "erfaßten Straftaten" veröffentlicht worden sind. Diese Zahlenwerke sind

"... eine Zusammenstellung aller der Polizei bekanntgewordenen strafrechtlichen Sachverhalte ...",

mithin also die Wiedergabe von Strafanzeigen und nachfolgenden Ermittlungen. Im Unterschied zu den "Waffen-und Sprengstoffberichten" des Bundeskriminalamts geben sie also Taten ohne Rücksicht auf die Frage wieder, ob der Täter ermittelt und einen Strafverfahren zugeführt werden konnte. Vielmehr handelt es sich - untechnisch gesagt - um eine "Sammlung aller Anzeigen". Die darin enthaltenen Zahlenangaben der Jahre 1994 bis 1998 über die gesamte Kriminalität und diejenigen Taten bei denen Schußwaffen zum Drohen oder zum Schuß verwendet worden sind, stellt sich wie folgt dar:

Jahr

1994

1995

1996

1997

1998

erfaßte Straftaten

6.537.748 _

6.668.717 _

6.647.598 _

6.586.165 _

6.456.996 _

davon mit Schußwaffen

19.698 _

21.018 _

21.950 _

21.729 _

19.858 _

Schußwaffentaten in %

0,0030 %

0,0032 %

0,0033 %

0,0033 %

0,0030 %

Es liegt auf der Hand, daß die Zahl angezeigter Straftaten andere Größenordnungen einnimmt, als diejenige der abgeurteilten Personen und sichergestellten Waffen. Aber auch die vorstehenden Zahlenreihen zeigen die geringe Beteiligung der Schußwaffenverwendung bei der Gesamtkriminalität. Dieser Anteil weist außerdem keine größeren Veränderungen in den Jahren von 1994 bis 1998 auf. Der Anteil der angezeigten Delikte mit Schußwaffen ist im Zeitraum 1998 gegenüber dem Berichtszeitraum 1997 sogar gesunken.

Im Unterschied zu den Zahlenreihen in den "Waffen- und Sprengstoff-Jahresberichten" des Bundeskriminalamts sind die Besitzverhältnisse der Waffen (legal / illegal / erlaubnisfrei) in der Polizeilichen Kriminalstatistik des Bundeskriminalamtes (BKA-PKS) nicht aufgeschlüsselt. Dies ist deshalb nicht möglich, weil in die BKA-PKS viele Taten einfließen, deren Ermittlungserkenntnisse sich beispielsweise auf die Videoaufzeichnung eines Bankräubers beschränken, der einen pistolen-ähnlichen Gegenstand zum Drohen verwendet hat, bei dem aber mangels Sicherstellung der Waffe über deren technische und rechtliche Eigenheiten nichts bekannt ist.

Die Aufschlüsselung in den "Waffen- und Sprengstoff-Jahresberichten" des BKA dürften einen repräsentativen Querschnitt darstellen, der den Schluß zuläßt, daß die legal besessenen Waffen an etwa 4,5 % der Delikte mit Schußwaffen und an nur etwa 0,000115 % aller Straftaten beteiligt sind.

Ich möchte Sie deshalb abschließend noch einmal auffordern, sich der folgenden Fakten bei künftiger Berichterstattung über Kriminalität mit Waffen und legalen Waffenbesitz inne zu sein:

1. Die Kriminalität mit Waffen ist in Deutschland keine Bedrohung der öffentlichen Sicherheit. Zudem sind rückläufige Tendenzen festzustellen,

2. die ganz überwiegende Zahl (95,5 %) der Straftaten mit Waffenverwendung werden mit illegal besessenen Waffen verübt,

3. die illegal besessenen, von der Wirkung des Waffengesetzes nicht erfaßten Schußwaffen machen in dem in Deutschland vorhandenen Bestand etwa 2/3 aus. Mit diesen Schußwaffen werden über 95 % aller mit Schusswaffen begangenen Delikte in Deutschland verübt.

Ich würde mir wünschen, daß Sie bei künftigen Berichten über das Thema "Waffen in Privatbesitz" die obenstehenden Fakten einmal nennen und gegebenenfalls die Courage zu der Feststellung aufbringen, daß der legale Waffenbesitz in Deutschland keine Bedrohung für die Sicherheit darstellt.


Wie kann es sein, daß Gegenstände, die in noch nicht einmal 100 Fällen im Jahr zum Tode von Menschen führen, Thema so umfangreicher Abhandlungen werden, wenn gleichzeitig andere Gegenstände, denen jährlich buchstäblich Tausende zum Opfer fallen, keinerlei Erörterung finden ?

Denken Sie an die etwa 50.000 durch Alkoholismus verursachten Todesfälle in Deutschland pro Jahr, denken Sie an die etwa 8.000 Toten und 250.000 Schwerverletzten im Jahr, von denen die Hälfte Kinder sind und die alljährlich auf dem Altar des heiligen Individualverkehrs zum Opfer dargebracht werden. Wenn eine Gesellschaft bereit ist, ein solches Opfer als "bedauerlicherweise nicht ganz vermeidbar" hinzunehmen, kann diese Gesellschaft nicht gleichzeitig eine Beschränkung des legalen Waffenbesitzes aus Sicherheitsgründen verlangen, um vielleicht drei bis vier Tötungsdelikte zu verhindern. Dies wäre nachgerade grotesk.

 



Mit freundlichen Grüßen

Reinhard Becker
Rechtsanwalt

 

P.S. Ich wäre mit einer Veröffentlichung meines Schreibens nicht nur einverstanden, ich würde sie sogar begrüßen.

 

Schreiben des Spiegel-Verlags vom 30.12.1999

Sehr geehrter Herr Becker,

vielen Dank für Ihre Zuschrift vom 2. Dezember, die ich zwischenzeitlich an unsere Dokumentation weitergeleitet hatte. DER SPIEGEL spricht nicht von "Mordopfern", sondern von "Todesopfern", d.h. auch von Selbstmorden, Unfällen, und dienstlichen "Opfern".

Wie dem Heft zu entnehmen ist, handelt es sich um eine Statistik von Newsweek. Es ist immer schwer, internationale Vergleichszahlen zu finden. Diese Zahlen eignen sich zum Vergleich, nicht aber zum Hochrechnen.

Eine unterstellte Motivation, diesen Artikel zu schreiben, war nicht vorhanden. Im übrigen schneidet Deutschland im Vergleich recht gut ab.

Mit freundlichen Grüßen

SPIEGEL-Verlag
Leser-Service

Angelika Rode

Die farbige Markierung stammt nicht von der Autorin und dient nur der Hervorhebung dieses bemerkenswerten Satzes
Schreiben an den Spiegel vom 05.01.2000

"Der Spiegel"
Spiegel-Verlag

20454 Hamburg

 

Artikel im "Spiegel-Reporter"
"Peng Du bist tot ! Ein Planet - fünf Antworten"
hier: Ihr Schreiben vom 30.12.1999

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich danke für Ihre Antwort in der vorbezeichneten Sache.

Ihre Argumente, die Zahlenangaben betreffend, sind jedoch schwach, denn die Zahl der Selbstmorde mit Waffen sowie der Unfalle mit tödlichem Ausgang erreichen diejenigen der vorsätzlichen Tötungsdelikte nicht.

Außerdem: Was sollten "dienstliche Opfer" mit privatem Waffenbesitz zu tun haben ?

Es hätte Ihnen meines Erachtens recht gut zu Gesicht gestanden, wenigstens die für Deutschland gemachten Angaben einmal anhand der allgemein zugänglichen Quellen nachzuprüfen. Eine solche Arbeitsweise setze ich immer noch voraus, wenn ich eine Ihrer Ausgaben kaufe und lese. Es wäre bedauerlich, wenn ich an dieser Stelle ein Nachgeben der Qualität feststellen müßte, denn bisher halte ich den Spiegel-Verlag immer noch für eine der ergiebigsten und verläßlichsten Informationsquellen in unserem Sprachraum.

Soviel zur journalistisch-handwerklichen Kritik, an der ich zu meinem Bedauern in diesem Fall festhalten muß.

Gestatten Sie weiter, daß ich meine Skepsis ausdrücke, wenn Sie mir versichern, eine bestimmte Motivation für Ihren Artikel habe nicht bestanden. Wenn die Auswahl der Vergleichszahlen (seitens Newsweek) so krass einseitig ist, drängt sich meines Erachtens dem deutschen Betrachter die Frage auf, wie die Verhältnisse in der Schweiz, in Österreich und in anderen Nachbarländern sind. Überhaupt dürfte die Frage naheliegend sein, ob die in den "Newsweek-Zahlen" enthaltene Korellation ("Wenig Waffen = Wenig Tote" und vice versa) haltbar ist. Als jemand, der sich mit der Materie befaßt hat, weiß ich, daß es nicht an dem ist.

Hiervon war in Ihrem Artikel nicht einmal ansatzweise die Rede. Ich kann ihn deshalb bei aller gebotenen Zurückhaltung nur als Kolportage aufassen, die angesichts zeitnaher, tragischer Ereignisse und damit einhergehender Diskussion noch eine gewisse populistische Note trägt. Da hilft es nun nicht, wenn Sie jetzt "Newsweek" nicht nur als Urheber, sondern gewissermaßen als Verantwortlichen benennen.

Die Wahrheit ist doch: Die Zahlen von Newsweek eignen sich weder zum Vergleich, noch zum Hochrechnen. Sie sind - was Deutschland betrifft - grotesk falsch und dieser Kritik müssen Sie sich ganz einfach stellen.

Mit freundlichen Grüßen



R. Becker
Rechtsanwalt