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Stellungnahme des bayerischen Innenminsters
zum WaffG-Entwurf

Die Entwürfe von 7/2000 und vom 25.02.2001 nebst Anmerkungen des Sachbearbeiters im Bundesinnenministerium

"München, 16. Mai 2001

Beckstein: "Waffenrechtsreform muss sinnvolle Balance zwischen Anforderungen der öffentlichen Sicherheit und berechtigten Wünschen von Jägern und Sportschützen finden"

"Nach Auffassung der Bayerischen Staatsregierung sind die grundsätzlichen Ziele einer umfassenden Reform des Waffenrechts darin zu sehen, dass die öffentliche Sicherheit bewahrt und gestärkt wird, die Gesetzessystematik in diesem Bereich verbessert wird, für den Bürger eine größere Transparenz hergestellt wird und die Verwaltung und die Bürger von unnötigem Verwaltungsaufwand und anderen Erschwernissen entlastet werden", betonte Innenminister Dr. Günther Beckstein heute im Ausschuss für Kommunale Fragen und Innere Sicherheit des Bayerischen Landtags. Als grundsätzliche Position der bayerischen Staatsregierung bezeichnete er dabei eine sinnvolle Balance zwischen den Anforderungen der öffentlichen Sicherheit einerseits und den berechtigten Wünschen von Jägern, Sportschützen und weiteren Bedarfsträgern andererseits.

Beckstein wies darauf hin, dass landes- und bundesweit illegale Schusswaffen eine immer größere Rolle bei Straftaten spielen und sogar gegenüber den mit legalen Schusswaffen begangenen Straftaten weit überwiegen. So waren zum Beispiel 1997 allein bei Mord- und Raubstraftaten mit Todesfolge bundesweit 84 Schusswaffen sichergestellt worden, von denen 72 illegal und nur 4 legal in Besitz waren. "Diese Zahlen beweisen, dass für eine pauschale Diffamierung von legalen Waffenbesitzern kein Raum ist", betonte Beckstein. Um der hohen Anzahl illegaler Schusswaffen entgegenzuwirken, schöpft die bayerische Polizei alle rechtlichen Möglichkeiten aus, um die gesamte Waffenkriminalität intensiv zu bekämpfen. Dies geschieht insbesondere mittels verdeckter Ermittlungen und konsequenter Schleierfahndung. Die tragischen Ereignisse der letzten Jahre wie in Bad Reichenhall haben außerdem gezeigt, dass die eigentlichen Ursachen für Verbrechen mit Waffen nicht allein im Waffenbesitz, sondern in einem ganzen Bündel von Ursachen wie z. B. einem unkontrollierten Konsum von gewaltverherrlichenden und schwer jugendgefährdenden Videofilmen und sogenannten Killerspielen zu suchen sind. "Wir versuchen daher, ein Verbot derart menschenverachtender Spiele zu erreichen und verbindliche Altersgrenzen für sonstige Computerspiele festzulegen, ähnlich den Regelungen wie bei Film und Video", so Beckstein.

Der neue vom Bundesministerium des Innern am 14. März 2001 übersandte Arbeitsentwurf zur gesamten Neuregelung des Waffenrechts zeigt laut Beckstein deutliche Fortschritte gegenüber einem ersten, im letzten Jahr vorgelegten Entwurf, da zahlreiche sinnvolle Änderungsvorschläge der Bundesländer und der Verbände Eingang in diesen Entwurf gefunden hat. Als Beispiele hierzu nannte der Minister folgende, auf bayerische Vorstellungen zurückgehende Bereiche:

- Ein obligatorischer Widerruf waffenrechtlicher Erlaubnisse bei kurzzeitigem Wegfall des Bedürfnisses, also zum Beispiel bei Krankheit ist nicht mehr vorgesehen, in besonderen Fällen auch kein obligatorischer Widerruf bei endgültigem Wegfall des Bedürfnisses.

- Das Mindestalter für das Schießen von Kindern auf Schießstätten mit Luftdruckwaffen ist von zwölf auf zehn Jahre herabgesetzt, um jugendliche Schützen schon früher an den Wettkampfsport heranzuführen.

- Die Prüfung der Zuverlässigkeitsanforderun-gen ist bei Jägern und Sportschützen an die gleichen Voraussetzungen geknüpft.

- Eine Befristung der Gültigkeit der Waffenbesitzkarte für den Besitz von Schusswaffen, zum Beispiel bei Jägern und Sportschützen ist wieder aufgegeben worden.

- Das Problem des Führens von Schusswaffen auf dem Hin- und Rückweg zu einer Brauchtumsveranstaltung im jetzigen Entwurf ausreichend gelöst. Brauchtumsschützen dürfen nunmehr Schusswaffen „im Zusammenhang mit Brauchtumsveranstaltungen“ führen, ohne hierfür eine zusätzliche Erlaubnis beantragen zu müssen.

Darüber hinaus wurden weitere - auch bayerische - Forderungen zumindest ansatzweise berücksichtigt, zum Beispiel

- die Einführung eines kleinen Waffenscheins für Gas- und Alarmwaffen,
- verbindliche Regelungen über die sichere Aufbewahrung von Schusswaffen,
- das Verbot von Wurfsternen und
- der grundsätzliche Fortbestand des Erbenprivilegs.

Beckstein: "Leider ist es jedoch nicht gelungen, alle Ungereimtheiten der Vorgängerentwürfe zu beseitigen. Auch die vorgenannten, bisher unstreitigen Ziele einer umfassenden Reform des Waffenrechts konnten mit dem vorliegenden Entwurf nicht in allen Punkten erreicht werden. Unter der unnötigen Vielzahl von Detailregelungen im Gesetz leidet die Transparenz und Lesbarkeit des Gesetzes enorm." Dem Bund ist es bisher auch nicht gelungen, eine unbedingt notwendige Entlastung der Verwaltung zu erreichen. "Ganz im Gegenteil: Einige Regelungen bringen der Verwaltung einen wesentlichen Mehraufwand. Ich kann auch nicht erkennen, dass die Bürger im Gegensatz zum geltenden Recht in ausreichendem Maße von unnötigen Erschwernissen entlastet werden." Als wichtige Themenbereiche, die aus Becksteins Sicht effizienter regelbar wären oder die unter Berücksichtigung der Belange der Bürger und der Verwaltung weniger bürokratisch geregelt werden könnten, ohne die notwendigen Belange der öffentlichen Sicherheit einzuschränken, nannte er:


- Die im Gegensatz zur derzeitigen Rechtslage neu geschaffene periodische Überprüfung des Bedürfnisses bei Jägern und Sportschützen drei bzw. sechs Jahre nach dem legalen Erwerb von Schusswaffen muss als unnötige Überreglementierung abgelehnt werden, da durch andere Regelungen des Entwurfs bereits sichergestellt ist, dass die Genehmigungsbehörden von dem Wegfall eines Bedürfnisses ausreichend erfahren.


- Im Bereich der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit bei extremistischer Betätigung ist die vom Bund gefundene Lösung, die darauf abstellt, ob jemand unter Androhung oder Anwendung von Gewalt extremistische Bestrebungen verfolgt, nicht ausreichend. Aus Becksteins Sicht ist es zwingend notwendig, dass bereits die Verfolgung extremistischer Bestrebungen für sich, also ohne Verbindung zu Gewalthandlungen, die waffenrechtliche Regelunzuverlässigkeit zur Folge hat.


- Der Erwerb und Besitz von erlaubnispflichtigen Schusswaffen durch Sportschützen ist nach dem gegenwärtigen Entwurf nicht ausreichend geregelt. Zum Beispiel ist das Grundkontingent an mit geringeren Voraussetzungen erwerbbaren Sportwaffen im Gegensatz zu den bisherigen Vorstellungen der Schützenverbände gegenüber dem Vorentwurf unnötig beschränkt worden. "Die bayerische Staatsregierung wird sich im Interesse der Sportschützen auch weiterhin dafür einsetzen, dass es bei der mit den Schießsportverbänden gefundenen Konsenslösung eines erhöhten Grundkontingentes verbleibt", so der Minister.


- Die vom Bund gefundenen Regelungen für Brauchtumsschützen sind unzureichend. Der Entwurf des Bundes vom März dieses Jahres sieht zum Beispiel vor, dass Brauchtumsschützen nur Einzelladerlangwaffen oder Böller erwerben und besitzen dürfen. Beckstein: "Mit dieser Regelung wäre die Ausübung des Brauchtums zum Beispiel bei den Bayerischen Gebirgsschützen nicht mehr möglich, da Gebirgsschützen für die Ausübung ihres Brauchtums auch Repetierlangwaffen benutzen." Nachdem in dem Entwurf auch praktikable Regelungen über den notwendigen Erwerb und Besitz erlaubnispflichtiger Munition durch Brauchtumsschützen sowie das Führen von Hieb- und Stoßwaffen im Zusammenhang mit Brauchtumsveranstaltungen fehlen, wird dies von Bayern gegenüber dem Bund angemahnt.


- Das waffenrechtliche Erbenprivileg bleibt nach den Vorstellungen des Bundes zu Recht dem Grundsatz nach erhalten. Der Entwurf verlangt jedoch, dass der Erblasser die Schusswaffe berechtigt besessen haben muss, soll sie rechtmäßig auf den Erben übergehen. Bei dieser einschränkenden Regelung besteht jedoch die Gefahr, dass für Waffen, deren Herkunft dem Erben nicht eindeutig bekannt ist, von diesem im Zweifel keine Erlaubnis beantragt wird." Dadurch könnte sich die Zahl der nicht registrierten, also illegalen, Waffen erhöhen. Dies sollte nochmals überdacht werden", so Beckstein.


- Die Regelungen des Bundes für den Umgang mit Gas- und Alarmwaffen finden nicht die Billigung der Bayerischen Staatsregierung. Die Einführung des sogenannten kleinen Waffenscheins, also einer Erlaubnispflicht zum Führen von Gas- und Alarmwaffen, wird zwar begrüßt. Darüber hinaus verlangt der Bund eine Meldepflicht für Gas- und Alarmwaffen. Diese Regelung bringt für Bürger, Waffenhändler und insbesondere die Waffenbehörden nicht zu leistende Mehrbelastungen, ohne dass dem ein erkennbarer Sicherheitsgewinn gegenüberstehen würde. Alleine die Tatsache, dass die Waffenbehörde erfährt, welche Personen Gas- oder Alarmwaffen legal besitzen, rechtfertigt den damit verbundenen erheblichen Verwaltungsaufwand durch die Waffenbehörden in keiner Weise.


- Der Bund hat zumindest ansatzweise erstmals rechtsverbindliche Regelungen über die sichere Aufbewahrung von Waffen festgelegt. Dies wird von Beckstein unterstützt. Allerdings hält er die vom Bund gefundenen Regelungen für überzogen. Der im Ergebnis als Mindestnorm für die Aufbewahrung von erlaubnispflichtigen Schusswaffen geforderte B-Schrank würde bedeuten, dass zum Beispiel bereits Besitzer einer Luftdruckwaffe über 7,5 Joule oder eines Zimmerstutzens oder einer anderen Einzelladerlangwaffe einen finanziell aufwändigen und mit einem Gewicht von bis zu 200 Kilogramm oder mehr versehenen Stahlschrank erwerben müssten. Das Innenministerium hat anstelle dieser überzogenen Regelung mit den bayerischen Jagd- und Sportverbänden einvernehmlich einen detaillierten Vorschlag zur sicheren Aufbewahrung von Schusswaffen erarbeitet, der im Grundsatz vorsieht, dass Einzellader- und Repetierlangwaffen in einem Stahlschrank der Sicherheitsstufe A, besonders gefährliche Langwaffen, wie zum Beispiel Halbautomaten und bis zu fünf Kurzwaffen in einem Stahlschrank der Sicherheitsstufe B und mehr als fünf Kurzwaffen in Stahlschränken höherer Sicherheitsstufen aufbewahrt werden müssen."